DFL-Investor // Empfehlung von FA, VC & Fanszene e.V.
|Liebe Mitglieder,
wie einigen bekannt sein dürfte, steht die nächste ordentliche Mitgliederversammlung des DFL e.V. am 11. Dezember 2023 an. Neben anderen Punkten soll dann auch über einen Antrag des DFL-Präsidiums entschieden werden, welcher dieses Präsidium ermächtigen soll nach einem strategischen Partner (faktisch einem Investor aus dem Private-Equity-Bereich) zu suchen und mit ihm die Geschäftsfelder Digitalisierung und Internationalisierung weiterzuentwickeln.
Dies soll binnen weniger Monate finalisiert werden, um unmittelbar auf die anstehende Ausschreibung der TV-Rechte Wirkung zu erzielen.
Da unser VfL Osnabrück eines der 36 DFL-Mitglieder ist und insbesondere der Beirat der Geschäftsführung gegenüber weisungsbefugt ist, haben wir uns mit unserem Anliegen an den Beirat des VfL Osnabrück gewandt.
Aus Sicht der Fanabteilung, des Fanszene e.V. und der Violet Crew sehen wir speziell den Prozess, aber auch allgemein diesen Vorstoß sehr kritisch.
Die Gründe dafür möchten wir euch im Folgenden darlegen:
DFL: Kein Ziel erkennbar, keine Vision
Grundsätzlich fragen wir uns, wofür es diesen Deal braucht. Wir erkennen bei der DFL keinerlei
Entwicklungsziel, keine Vision – rein gar nichts was sie von Mitbewerbern wie der Premier League
unterscheidet. Somit ist es aktuell nur ein Streben nach mehr Geld im Wettbewerb mit anderen Konkurrenten. Es gibt aber längst Stimmen in der Branche, die die spanische und englische Liga als
enteilt und uneinholbar werten. Warum also einen Kampf kämpfen, bei dem höchstens eine
Teilnehmerurkunde winkt?
Statt einer Investition in die Kopie eines bestehenden (und durchaus fragwürdigen) GESCHÄFTSmodells braucht der deutsche Fußball mehr denn je eine Investition in ein ZUKUNFTSmodell!
Eine Strategie und eine Vision, die die Mitgliederbasis und starke Vereine im Sinne von 50+1, Demokratie, Transparenz und grundlegenden Werten mitberücksichtigt und für die der deutsche Fußball künftig einstehen sollte. Eine Investition in den wahren Fußball statt in die Ware Fußball.
Die Bundesliga riskiert ihr Alleinstellungsmerkmal
Die Bundesliga könnte mit diesem Zukunftsmodell ihre Einzigartigkeit bewahren und auch vermarkten und sich dadurch gleichermaßen von internationalen Mitbewerbern abheben und im Sinne ihrer Fans und Mitglieder weiterentwickeln. Hier sehen wir das größte Potential für den deutschen Fußball und davon würde auch ein so einmaliger Verein wie der VfL Osnabrück nicht nur monetär deutlich mehr profitieren.
Absolute Gewinne sind relative Verluste
Nach allen uns vorliegenden -öffentlichen wie internen- Informationen ist für den VfL selbst bei durchgehender DFL-Zugehörigkeit in den kommenden Jahren mit keinem nennenswerten Gewinn zu rechnen. Für die ersten Jahre geht auch das DFL-Präsidium davon aus und will ausdrücklich einen Teil des Investitionskapitals zum Ausgleich ausbleibender Vermarktungseinnahmen nutzen.
Von einer möglichen zukünftigen Gewinnsteigerung profitieren nach aktueller Verteilung besonders die großen Clubs überproportional, während zwei Drittel der DFL nur marginale Gewinne werden verbuchen können.
Für einen Verein, der immer wieder zwischen zweiter und dritter Liga wechselt, sehen wir die reale Gefahr, dass jetzt Zugeständnisse gemacht und auf aktuelle Gewinne zum Wohle der mittel- bis langfristigen Investition verzichtet wird, aber die Rendite aus dieser Investition womöglich nie beim VfL Osnabrück oder vergleichbaren Clubs ankommen wird.
Vielmehr führt die geplante Investitionsoffensive und ihre erhofften Einnahmen dazu, dass die Schere zwischen der 1. und 2. Bundesliga weiter auseinander geht und zusätzlich geht die Schere auch innerhalb der Ligen weiter auseinander (sofern der aktuelle Verteilerschlüssel nicht geändert wird).
Die dritte Liga fällt noch weiter zurück. Im Ergebnis hat der VfL eventuell ein paar Euro mehr auf dem Konto, aber der Abstand zur Konkurrenz vergrößert sich trotzdem.
Außerdem noch ein kleines Gedanken- bzw. Rechenspiel: Trifft man die Annahme, dass die internationalen Erlöse stärker als die nationalen wachsen (die DFL macht das), dann bezahlen die Zweitligisten das Wachstum der Erstligisten und insbesondere der international aktiven Vereine überproportional mit.
Denn vereinfacht formuliert, zahlen alle Vereine den gleichen Provisionssatz an den Investor, aber es bekommen nicht alle Vereine den gleichen Prozentsatz der Erlöse.
Was wenn den Plan nicht aufgeht?
Dem Antrag des DFL-Präsidiums liegen Prognosen und Businesspläne zugrunde, welche allesamt von Gewinn und Wachstum ausgehen. Es gibt keinerlei Strategie für den Fall, dass zukünftiges Wachstum geringer ausfällt oder gar ausbleibt.
Klar ist aber, dass ein strategischer Partner (insbesondere aus dem Private-Equity-Bereich) auf seine vereinbarte Rendite bestehen wird. Solange dieser Umstand nicht behoben ist, blicken wir sorgenvoll nach Frankreich, wo der neue TV-Vertrag hinter den Erwartungen zurückblieb und nun die Vereine die Rendite für den Investor aufbringen müssen, faktisch also einen zusätzlichen Kostenpunkt in der Bilanz haben.
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, wie schnell dann die sogenannten Roten Linien aufgeweicht werden…
Knapper Zeitplan
Auch wenn die DFL die Auffassung vertritt, dass ein knapper Zeitplan für den Bieterprozess von Vorteil ist, so ist dieser so dermaßen knapp, dass nicht mal jede Clubgeschäftsführung oder deren Aufsichtsgremien ausreichend Zeit hatten und haben um das zur Abstimmung gestellte Vorhaben in all seinen Facetten zu durchdringen.
Nach unserem Verständnis der einzigartigen deutschen Vereinskultur setzt eine so weitreichende Entscheidung aber nicht nur die Befassung mit selbiger in Vereinsgremien voraus, sondern muss mit der Mitgliedschaft jedes beteiligten Clubs erörtert werden. Schließlich wird es unmittelbare wirtschaftliche Folgen für jeden Verein haben und es ist nicht sichergestellt, dass diese ausnahmslos positiv sein werden.
Kein Mehrwert internationaler Vermarktung für Zweitligisten
Man sieht bereits am Beispiel der spanischen, englischen oder auch französischen Liga, dass auf dem internationalen Markt nur die größten Clubs der jeweiligen Ligen von Interesse sind. Überall auf der Welt kaufen Menschen Trikots von Real, PSG oder ManU – aber nirgends von Rayo Vallecano, Burnley oder Le Havre.
Für Clubs außerhalb des internationalen Interesses bleibt also nur ein möglicher Mehrwert durch höhere internationale Fernsehgelderlöse. Diese fließen aber nach aktuellem Verteilungsschlüssel zu etwa 80% an die international spielenden Clubs.
Wenn nun also keine Erlössteigerung bei Fanartikeln und höchstens mit sehr viel Fantasie eine geringe im Sponsoring (denn international werden v.a. Bayern und Co. sichtbar sein) zu erwarten ist – welchen Mehrwert hat ein normaler Zweitligist (und einige Erstligisten) von diesem Deal?
Gerade vor dem Hintergrund, dass zwar alle Vereine prozentual die selben Ausgaben haben, aber prozentual nicht dieselben Einnahmen werden verbuchen können…
Großes Misstrauen gegenüber einem unbekannten Investor
Es gibt mittlerweile zu viele negative Beispiele bezüglich Investoren im Fußball. Man muss nur nach Paris, Newcastle oder Berlin schauen, um festzustellen, dass ein Investor entweder mit den Werten des VfL Osnabrück kollidiert oder trotz 50+1-Regel so viel Unruhe verursachen kann, dass ein ehemaliger „Big City Club“ am Rande des Abgrunds steht und jede „Rote Linie“ (Trikotsponsor) aufgeweicht wird.
Eine Antwort wie entsprechende Katastrophen verhindert werden sollen, hat die DFL bisher nicht liefern können.
Aus den genannten Gründen kann dem vorgelegten Antrag als VfL Osnabrück unserer Meinung nach nicht zugestimmt werden. Zu viele Punkte sind offen und nicht final beantwortet. Zudem ist ein wirtschaftlicher Schaden für den VfL Osnabrück im Bereich des Möglichen, wenn die Businesspläne der DFL nicht aufgehen.
Dementsprechend regen wir an, dass sich der Beirat für ein Veto zum entsprechenden DFL-Antrag ausspricht – im Interesse des Vereins und seiner Mitglieder.
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Mit lila-weißen Grüßen,
Die Fanabteilung des VfL von 1899 e.V. Osnabrück
Fanszene Osnabrück e.V.
Violet Crew