Wo das Herz schlägt. Werte respektieren – Werte leben.
|Nicht wenige werden sich beim Spiel gegen Bremen II entsetzt die Augen gerieben haben. Das allerdings hatte wohl nur bedingt etwas mit dem unnötigen Gegentor oder dem Spiel zu tun. Viel mehr lag es an einem nicht für möglich gehaltenen Sponsor auf der LED-Werbebande. Dort prangte gut zu sehen der Werbeschriftzug der Firma Wiesenhof.
Wiesenhof, ein Unternehmen, dessen Sponsoringaktivität schon im Umfeld von Werder Bremen auf große Ablehnung gestoßen ist und massive Proteste der aktiven Fans hervorgerufen hat – und das aus guten Gründen, denn Wiesenhof steht schon seit längerem in der Kritik: so hört und liest man von miesen Bedingungen in Mastställen, oder dem nicht freundlichen Umgang mit Mitarbeitern. Zuletzt machte das Unternehmen von sich reden, als das Wiesenhof-Testimonial Atze Schröder in einem Werbespot genüsslich verachtende und sexistische Anspielungen zu Lasten einer C-Prominenten machte, die zuvor öffentlich angab, vergewaltigt worden zu sein. Dieser Spot empörte neben weiten Teilen der Öffentlichkeit auch den SV Werder Bremen so sehr, dass dieser eine Entschuldigung sowie ein Fehlereingeständnis forderte.
Und genau diesem Sponsor rollt der VfL nun auch noch den Teppich aus.
Unser Stadion, der Ort, wo das Herz schlägt, wird zur Werbeplattform für ein Unternehmen, wo die Herzen aufhören zu schlagen. Unser Stadion, ein Ort, an dem das Herzblut aller Fans die Seele des VfL bildet, lässt ein Unternehmen, aus dessen Maschinen das Herzblut vieler tausend Geschöpfe tropft, bei sich werben. Welch bittere Ironie.
Dabei ist es vollkommen egal, ob Wiesenhof nun als Investor, Partner, Sponsor oder Werbeeintagsfliege, selbst akquiriert oder vermittelt durch einen Vermarkter, den der VfL selbst ausgesucht hat oder ganz aus Versehen in unserem Stadion geworben hat. Es spielt schlicht keine Rolle. Es spielt auch keine Rolle, ob diese rufschädigende Werbemaßnahme 200 oder 2.000 Euro eingebracht hat. Eine Rolle spielt jedoch der Umgang der Verantwortlichen beim VfL mit diesem Thema und den grundlegenden Werten unseres Vereins, unserer Kultur und unserem Miteinander.
Wir Mitglieder und Fans müssen den Verantwortlichen beim VfL offenbar unsere Werte zukünftig deutlicher erklären, vermitteln und dafür kämpfen, dass diese Werte respektiert, gefördert und geschützt werden. Vielleicht müssen diese Werte schriftlich festgehalten werden und wir sollten uns zu diesen Werten bekennen. Dies böte immerhin die Chance, unseren VfL zukünftig wieder in einem positiveren Licht erstrahlen zu lassen und ihn vor weiteren selbstverursachten Image- und Identifikationschäden zu schützen.
Unsere gemeinsamen Werte, unsere Haltung und unsere Zuneigung zum Verein verleihen der Bremer Brücke die Seele, die sie zu unserem zu Hause, unserer Heimat werden lässt. Und diese dürfen wir uns durch nichts und niemanden nehmen lassen, schon gar nicht von derart würdelosen Sponsoringaktivitäten.
Wir erwarten keine Rechtfertigung und Erklärung, weshalb Wiesenhof beim VfL werben durfte.
Wir erwarten, dass nie wieder Werbung an der Bremer Brücke sehen sein wird, die massiv gegen Werte unseres Vereins verstößt.
Hier zählen nur Taten.
Leider geht es beim VfL nur noch auf großflächigen Werbeplakaten oder Stadionschildern ums Herz. Plumpe Anbiederei an die Gefühlswelt der Fans- die auch nur in einem Punkt wichtig sind: Als zahlende Kunden. Und leider entwickelt man sich seit Jahren immer weiter zu einem seelenlosen Wirtschaftskonstrukt mit bedenklicher Schieflage. Solang noch irgendwo ein paar Taler und Kreuzer rausgequetscht werden können, wird es gemacht. Koste es, was es wolle. Und wenn es das letzte Stück Stolz oder Anstand sind.
Man kann trefflich darüber streiten, ob es neben Wiesenhof auch weitere Unternehmen gibt, die teils schon seit vielen Jahren Sponsor des VfL sind und ähnlich widerwärtige Geschäftsmodelle, Arbeitnehmerbehandlung usw. haben. Vielleicht muss man sogar darüber streiten, diskutieren und versuchen, anhand der Werte, die zum VfL passen, herauszufinden, ob solche Sponsoren weiterhin Teil der VfL-Familie sein sollten. Freilich läuft im Profifußball nichts ohne Finanzierung, in einer sich nach ethischen Maßstäben weiterentwickelnden Unternehmenswelt jedoch dürfte ein Verein, der sich zu bestimmten Werten bekennt, Sponsoren finden, die diese Werte teilen. Dass dies nicht von heute auf morgen machbar ist, ist unstrittig. Es deshalb nicht zu versuchen jedoch, ist töricht. Die blasse, leere Hülle VfL Osnabrück verdient ein Wartekonstrukt, das Spieler, Trainer, Verantwortliche, Fans und Sponsoren eint. Hiervon ist der VfL Lichtjahre entfernt. Leider.