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Mein Spielbericht: SV Sandhausen – VfL Osnabrück 3:0 [EAiA]

6 Uhr. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ist es schattig vor der „West“, aber alle sind fein pünktlich, Kaltgetränke und die obligatorischen Unmengen an Frikas, Brötchen und Süßigkeiten werden verstaut, die selbstredend auch für eine dreiwöchige Expedition reichen würden. Das Stadion am Hardtwald ruft, da möchte natürlich niemand fehlen, der Bus ist seit Wochen ausverkauft, in den Kommentarspalten auf Facebook wird regelmäßig „Auf geht`s lila Jungs“ und ähnliches per copy & paste eingefügt. Die Fans stehen trotz leichter Unpässlichkeiten der Lila-Weißen in den vergangenen Wochen wie eine Wand hinter dem Team.

BÄNG. Der Wecker rappelt und  beendet die mehr oder minder süßen Träume. Das letzte Mal auswärts waren wir vor einem Jahr am Millerntor, seitdem ist alles anders. Fußball nicht im Stadion, sondern im Fernsehen, noch dazu akustisch „verfeinert“ von Jörg Dahlmann – daran muss ich mich erst gewöhnen. Wir gucken das Spiel mit zwei Haushalten so dermaßen coronakonform, dass Christian Seifert von der DFL vor Neid erstarren würde.

Das Spiel lässt sich kurz zusammenfassen: Moppelkotze. Dahlmann orakelt zwischenzeitlich zu unrecht „Sandhausen macht zu wenig“. Nö, um Gefahr zu erzeugen, müsste jemand im VfL-Dress ja auf die innovative Idee kommen, aufs Tor zu schießen. In der Kurve hätte man vielleicht irgendwann den Support eingestellt, eventuell hätte es nach Abpiff Diskussionen gegeben. Am Fernseher erträgt man den beknackten Sandhäuser Torjingle ein weiteres Mal, ärgert sich, aber es ist alles sehr unwirklich und sehr weit weg. Abstrus wird es, als Interimstrainer Fulland in der Pressekonferenz später davon spricht, es müsse „weiter gefightet“ werden. Die Mannschaft hat sich seit Wochen einlullen lassen, man sei „über dem Strich“, ich kann da keinen Abstiegskampf erkennen. Andererseits hat diese Mannschaft zu Beginn der Saison bewiesen, dass sie vernünftig kicken kann. Es scheint paradox und wie verhext.

Zum heutigen Gegner: Der SV Sandhausen wird gerne als besonders langweilig angesehen, das mag sein. Vor allem ist er aber das, was der VfL erst noch werden möchte: ein etablierter Zweitligist. Das Ziel scheint derzeit in weite Ferne zu rücken.

Und nun? Dem VfL scheint es noch nicht sonderlich schlecht zu gehen, wenn in den Foren stockholmsyndromartig Wollitz als Trainer gefordert wird. Koschinat? Dürfte für das von ihm favorisierte körperbetonte Ballgedresche wohl nicht das notwendige Personal vorfinden.

Und außerhalb der Hasestadt? Das Versprechen des DFL-Chefs, „Demut“ zu zeigen, wurde offensichtlich von den Clubs nicht weiter ernst genommen, Großkotzigkeit, Arroganz und Anmaßung haben eher noch zugenommen. Das deutsche Franchise eines österreichischen Getränkeherstellers trägt zur Umgehung von Quarantäne-Regeln Heimspiele in Budapest aus. Weitere Absurditäten werden folgen, die Entfremdung nimmt zu.

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